Forum: aktuelle Strategien einer politischen Videoarbeit — riot video jetzt ?

Was bedeutet Videoaktivismus heute?
Das Forum bietet unterschiedlichen Videogruppen aus dem In- und Ausland die Gelegenheit ihre unterschiedlichen Arbeitsansätze zur Diskussion zu stellen. In einer Berlin Clip Battle zwischen Kanal b und ak kraak wollen wir klären, was ein Videokassettenmagazin nun wirklich ist oder sein könnte. Zusammen mit dem Amsterdamer HausbesetzerInnen-Fernsehen Vrije Keyser TV interessiert uns dabei insbesondere die Frage, ob sich Videoaktivismus tatsächlich allein auf das immer gleiche Abbilden von Demonstrationen und politischen Aktiönchen, auf die Jagd nach geilen Riotbildern beschränkt oder ob sich eine politische Medienarbeit mit Video nicht darüber hinaus grundlegendere Gedanken um Strategien, Wirkungsweisen und Interventionsfähigkeit machen muß - eine Frage, die sich natürlich grundsätzlich durch alle Ausstellungsbereiche zieht.


Aufgabe einer politischen Medienarbeit mit Video, war es immer schon, Erfahrungen zu veröffentlichen, die in den hegemonialen Massenmedien tendenziell ausgeschlossen blieben. Insbesondere die Geschichte feministischer Videoarbeiten ist (neben einem Videoaktivismus im Zusammenhang mit der SchwulenLesben-Bewegung, mit AIDS) u.a. davon geprägt genuin private Erfahrungen (von sexistischer Unterdrückung im Alltag, in der Beziehung, vom Umgang mit Sexualität, Körper und Krankheit) zu veröffentlichen und in einen gesellschaftlichen Kontext zu stellen. Nachdem die Kritik von 'schwarzen' Feministinnen an einem andere Unterdrückungsverhältnisse vernachlässigenden 'weißen' Feminismus in den 80er Jahren auch hierzulande angekommen war und nach dem spätestens ab 1989 der rassistische Grundkonsens auf gesellschaftlicher wie auch auf institutioneller Ebene immer manifester wurde, arbeiten heute zahlreiche feministischen Gruppen in einemim antirassistischen Bereich. In diesem Zusammenhang berichtet das Berliner FrauenLesbenFilmKollektiv über ihre Arbeit an einem Film über illegalisierte Migrantinnen in der Sexindustrie.

Darüber hinaus stellt eine Mitarbeiterin von Majlis, ein Zusammenschluß von Anwältinnen und Filmemacherinnen, das indische Frauen Kultur- und Rechtshilfeprojekt vor. Im Vordergrund ihrer Präsentation stehen dabei zwei Filme des Projekts: "Skin Deep", ein Video über die Konstruktion weiblicher 'Schönheit' und der damit verbundenen Gewalt, sowie "I live in Behrampada", eine Auseinandersetzung über kulturelle Identität und rassistische Spannungen und Ausschreitungen in einem Stadtteil Bombays.

Eine politische Medienarbeit mit Video bedeutet in Westeuropa oder Nordamerika sicherlich etwas anderes als im Trikont oder in Osteuropa. Dennoch glauben wir, daß die politische und soziale Relevanz, die eine Reihe von ausländischen Projekten, wie z.B. Majlis, entfaltet haben, beispielgebend dafür sein könnten, welches Potential in einer, sich über Strategie und Taktik bewußten Medienarbeit mit Video liegen mag. Dies gilt insbesondere auch für das Chiapas Media Project, das einen Video-/und Medienaktivismus zum Schutz und zur Organisierung der indigenen communities im Süden Mexikos betreibt.

Foto: Paco Vasquez

Chiapas Media Project

Im Gegensatz dazu bilden sich alternative Netzwerke von Gegenöffentlichkeit in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion nur sehr langsam heraus. Im Vordergrund stehen hier wieder verstärkt die Auseinandersetzungen um die Durchsetzung einer elementaren bürgerlichen Pressefreiheit. Gleichwohl scheinen Strategien der (dokumentarischen) Aufklärung sicherlich nicht nur im Westen zusehends auf ihre Grenze zu stoßen. Unter der Rubrik "Not MTV - Pop und Politik" wollen wir uns denjenigen Verbindungen von Musik und Video (VJ-ing, Musikvideos etc.) widmen, die sich jenseits von Produktwerbung, ästhetizistischer Oberflächengestaltung und musikalisch unterlegter riot-clips, vielleicht anderer (Pop-)Strategien der Entwendung und Dekonstruktion herrschender Images bedienen.

 


>> Videokassettenmagazine und Squatters-TV:

Veranstaltung:
Berlin Clip Battle: Kanal b vs. ak kraak

Präsentation:
Vrije Keyser TV (Amsterdam, NL)

> Textarchiv:
Interview mit Paul O'Connors, Mitbegründer von Undercurrents (Oxford, UK)

>> Feministische Videoarbeit:

Screening:
Berliner FrauenLesbenFilmKollektiv:
Präsentation ihrer Arbeit zu illegalisierten Sexarbeiterinnen

Veranstaltung und Screenings:
Majlis (Bombay, Indien) - ein Frauen Film- und Rechtshilfeprojekt


Veranstaltung und Screening:
"Ich will nicht, daß es Nacht wird..."

>> Konzept-"Gegenöffentlichkeit"?

Veranstaltung und Screenings:
Das Chiapas Media Project

Veranstaltung und Screenings:
Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit in Rußland und der Ukraine

(Eine Veranstaltung des Bildungswerk Berlin der Heinrich Böll Stiftung e.V.)

Screening:
Russische Anarchisten 2001
Videosampler von Slawa Jaschtschenko

> Textarchiv:
Die Ballade von 'öffentlich' vs. 'gegenöffentlich' (Carsten Does)

PANOPTICON - die Öffentlichkeit der elektronischen Veröffentlichungsmittel
(Carsten Möller)

>> Not MTV - Pop & Politik

Präsentation und Screening:
Supervideo
von candida (Rom, I) und grado zero (Amsterdam, NL)
Performance:
"kinetic virus over genova" - Der bloße Körper als Waffe?
Videos, Performances, Vjing mit grado zero (Amsterdam, NL), candida (Rom, I) und ak kraak (Berlin)

hybrid video tracks
ein ausstellungsprojekt der NGBK
berlin, 01.09. bis 07.10.2001

Stand: